Tag Archiv für Laurito

1. FC Magdeburg vs. FC Rot-Weiß Erfurt 2:1

Am Freitag um 22.18 Uhr sah ich mich genötigt, die Welt via Twitter mit folgender Auskunft zu behelligen:

Tweet fcm

Es war eine unverdiente Niederlage, die die Rot-Weißen in Magdeburg kassierten. Ein bisschen Wehklagen hielt ich deshalb für angemessen.

Trotzdem überwog die Erleichterung. Einfach weil Preußers Mannschaft über weite Abschnitte des Spiels so ziemlich genau den Fußball spielte (oder zumindest versuchte zu spielen), den ich für zielführend halte, will man in dieser höllisch schwierigen Liga erfolgreich sein. (Anmerkung: Für mich ist diese Saison bereits ein Erfolg, wenn möglichst früh erkennbar wird, dass wir nichts mit dem Abstieg zu tun haben werden.)

Was zeichnete unseren Fußball am Freitag aus? Zunächst ist dies auch eine Frage der individuellen Qualität. Einige der Niederlagen des letzten Saisondrittels wären (trotz viel schlechten Fußballs) vermeidbar gewesen, wenn bessere Innenverteidiger zur Verfügung gestanden hätten. Oder, genauer ausgedrückt, wenn die verfügbaren Innenverteidiger in ihrer Normalform gespielt hätten. So aber erwies sich der langfristige Ausfall von Jens Möckel als fatal. Kleineheismann, Laurito und Gohouri schienen in einen seltsamen Wettbewerb eingetreten zu sein: Wer begeht bis zum Saisonende die meisten Fehler? Schlimmer noch, ihre einzige Option zur Eröffnung eines Spiels, schien aus langen, unpräzisen Pässen zu bestehen. Insofern ist die Leistung der beiden zentralen Verteidiger am Freitag hoffentlich richtungweisend. Mario Erb, beweglich, handlungsschnell, stellungssicher, technisch gut; man kann verstehen, dass Preußer über seine Verpflichtung sehr glücklich war. Der andere Neuzugang: Andre Laurito! Endlich wieder in der Form, die er in seiner ersten Saison am Steigerwald hatte. Schade, dass Kammlott seinen grandiosen Vierzig-Meter-Pass nicht einnetzen konnte. Es wäre die Krönung einer formidablen Leistung gewesen.

Das große Übrige bestand aus einer kristallklaren Spielidee. Nach einer Balleroberung wurde viel schneller nach vorn gespielt, als das bisher der Fall war. Dabei gab es (vereinfachend dargestellt) zwei Optionen. Zum einen halblange oder lange, das Mittelfeld mit einem Ball überbrückende, Pässe auf die beiden zentral offensiven Spieler (z.B. Lauritos Ball auf Kammlott). Wobei diese Option nicht um jeden Preis ergriffen werden soll, sondern nur, wenn es eine erkennbare Chance für den Stürmer gibt, den Ball verarbeiten zu können. Zur Erhöhung dieser Chance ließ sich vor allem Kammlott tiefer fallen als letztes Jahr, um auch mit längeren flachen Anspielen bedient werden zu können.

Die zweite Option waren schnelle Passfolgen durch das Mittelfeld. Gelang es, den Ball im Mitteldrittel des Spielfeldes unter Kontrolle zu bringen, schaltete sich der ballnahe Außenverteidiger sofort in den Angriff ein. Je zentraler die Ballkontrolle stattfand, umso höher war die Wahrscheinlichkeit, dass auch der zweite Außenverteidiger als zusätzliche Anspielstation vor- (und eben nicht erst irgendwann nach-) rückte. Mangelnde Breite und zu wenig Dreiecksbildung waren ein großes Problem des Erfurter Angriffsspiels in den vergangenen Jahren. Sie soll durch diese taktische Maßnahme überwunden werden.

Das ist natürlich sehr riskant. Sobald sich mehr Spieler  in die Offensivaktion einschalten, desto höher müssen die (noch verbliebenen) Abwehrspieler aufrücken, damit die Kompaktheit beibehalten wird. Zudem haben sie große Räume zu kontrollieren, sodass sie (und das war mehr als einmal der Fall) recht häufig in die Situation kommen, im Eins-gegen-Eins absicherungslos zu verteidigen. Das ist am Freitag fast durchgehend gut gelungen.

Der von Preußer präferierte Fußball folgt zwei Prämissen: Man schaltet schnell um, weil dies die einzige Möglichkeit darstellt, auf einen defensiv unorganisierten Gegner zu treffen. Und zweitens: Fehlpässe werden in Kauf genommen. Das hohe Aufrücken soll zudem bewirken, dass die Mannschaft sofort ins Gegenpressing gehen kann, weil sie versucht in den entscheidenden Zonen des Platzes Überzahl herzustellen.

Wenn das alles so toll war, warum haben wir dann verloren? Weil Magdeburg die wenigen Chancen die es hatte, effizient nutzte. (Einschließlich der Fehler die RWE machte, damit es überhaupt zu diesen Chancen kam.) Und weil sich die Mannschaft (vor allem zwischen der 50. und 60. Minute) vom Magdeburger Druck desorientieren ließ, viel zu tief stand, ihre eigentliche Spielidee aufgab und folgerichtig den Ausgleich kassierte. Die gute Nachricht: Preußer coachte das aktiv weg. Er wechselte offensiv, sein Team verstand die Signale und schien sich am eigenen Schopf aus der Malaise befreien zu können. Die Magdeburger Überlegenheit war dahin, RWE spielte wieder planvoller nach vorn.

Alles war gut, bis einer der ganz wenigen Fehler der Erfurter Defensive zum Siegtreffer für den FCM führte. Klar kann Klewin den Ball auf die Tribüne dreschen, aber es sei daran erinnert, dass wir nur ein paar Minuten vorher kurz davor standen, die Führung zu erzielen. Magdeburg hatte sich mit dem Unentschieden eigentlich abgefunden, es gab kein Powerplay des Aufsteigers oder dergleichen. Deshalb der Versuch eines konstruktiven Aufbaus, der in die Hose ging.

Fazit: Preußer versucht, mit modernstem Fußball zum Erfolg zu kommen. Das ist riskant. Aber wenn es das Ziel des Vereins ist, mittelfristig eine aufstiegsfähige Mannschaft zu formen, dann ist diese Herangehensweise ohne Alternative. Bei unserem chronisch klammen Etat werden wir uns nie eine Spitzenmannschaft erkaufen können. Diese Variante muss ja auch nicht zum Erfolg führen, wie unser nächster Gegner seit Jahren zum Verdruss seiner Anhänger beweist.

Der Saisonstart des FC Rot-Weiß Erfurt

Es ist das Wochenende der ersten DFB-Pokalrunde. Oder wie wir es in Erfurt nennen: Zeit der Schmerzen. Als am Freitag der Chemnitzer FC in einem denkwürdigen Spiel den Bundesligisten Mainz 05 aus dem Wettbewerb schoss, kamen die Gedanken an den 10. August 2008 wieder hoch, als es fünf späterer Weltmeister bedurfte, damit der FC Bayern München die Rot-Weißen mit 4:3 besiegte. Es war das letzte Mal, dass ein Spiel im Steigerwaldstadion im Blickpunkt einer landesweiten Öffentlichkeit stand. Das ist 6 Jahre her. Seitdem leben wir im fußballerischen Konjunktiv – immer in der Hoffnung auf eine neue Verheißung. Die aktuell ausgegebene Parole hört auf den Namen Mission 2016. Für das nämliche Jahr hat sich der Verein den Aufstieg in die 2. Bundesliga vorgenommen. Niemand hier hätte etwas dagegen. Allein, es sind Zweifel am Wirklichkeitssinn dieses Ziels angebracht. In den letzten beiden Jahren mussten sich die Anhänger eher um den Verbleib in der 3. Liga sorgen. Wohin deuten die Instrumente in dieser Saison? Nun, wir haben 4 Spieltage absolviert, mehr als eine erste, provisorische Bilanz lässt sich derzeit seriös nicht wagen. Hier ist sie:

Der letzte Auftritt in Cottbus mutete exemplarisch für die bisherigen Saisonspiele an. Die Mannschaft stand defensiv halbwegs stabil. Aus dem laufenden Spiel gab es kaum Chancen für die Lausitzer. Allerdings muss sich noch erweisen, ob sich diese Defensivstärke auch gegen spiel- und offensivstärkere Mannschaften als solche herausstellt. Gemessen an den Erfahrungen aus dem Spiel gegen den BVB-Nachwuchs ist es nicht übelwollend, skeptisch zu bleiben. Die offensiven Leistungen waren in Cottbus überschaubar. Diesmal reichte ein guter Angriff in Halbzeit eins (die Chance von Brandstetter) nicht zur Führung. Erst als Energie am Ende des Spiels für das hohe Tempo bezahlte, kam Rot-Weiß zu einigen Halbchancen. Ansonsten: viele Abspielfehler und in Folge davon kaum Gefahr für das Tor des Gegners.

Natürlich gibt es entlastende Gründe für die momentan durchwachsenen Leistungen: in Cottbus standen sechs neu verpflichtete Spieler auf dem Feld. Es wurde also zum Beginn der Saison wieder einmal die halbe Mannschaft ausgetauscht. Menz und Tyrala bilden im zentralen Mittelfeld das neue fußballerische Herz des Teams. Andererseits ist eine Mannschaft wie Dynamo Dresden in noch größerem Umfang umgebaut worden und präsentiert sich (bislang) ungeachtet dessen eindeutig homogener. Noch schwerer wiegt wohl das chronische Verletzungspech von Koglers Team. Mit Kammlott, Möhwald und Laurito fehlten ungemein wichtige Spieler ganz oder teilweise. Während der grandiose Möckel (nach langer, schwerer Verletzung) den Verlust von Laurito sehr passabel auffangen konnte, sind Möhwald und – natürlich – vor allem Kammlott nicht adäquat zu ersetzen. Vor allem, weil Spieler wie Bukva, Tyrala, Falk und Brandstetter einfach noch Spielpraxis benötigen, um ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Alle haben sportlich schwierige Zeiten hinter sich und es wäre unredlich, ihnen die nötige Geduld zu verweigern.

Auf der Habenseite der bisherigen Spiele steht eine deutlich höhere taktische Variabilität der Mannschaft. Kogler hält nicht mehr unter allen Umständen und Spielsituationen am 4-4-2 der letzten Saison fest. Als er gegen Stuttgart der Meinung war, neben Falk keinen adäquaten Stürmer für 90 Minuten zu haben, beorderte er Möhwald als hängende Spitze (oder falschen Zehner) in den Sturm. Selbiges wiederholte er (nach der Auswechslung Brandstetters) mit Tyrala in der letzten halben Stunde in Cottbus. Sah beide Male äußerst passabel aus. Der Clou in taktischer Hinsicht war jedoch die Dreierabwehrkette im (gewonnenen) Spiel gegen Stuttgart, bestehend aus Czichos, Kleineheismann und Menz. Da wurde zentral defensiv kaum etwas zugelassen; im grundierenden Spielaufbau gab es jedoch noch Luft nach oben. Trotzdem vermute ich, dass Kogler, sobald Kammlott und Brandtstetter richtig fit sind, auf das 4-4-2-System zurückkommen wird.

Das Spiel gegen Dynamo Dresden wird so eine Art L’Alpe d’Huez für den FC Rot-Weiß Erfurt. Ein Scharfrichter. Danach werden wir besser einzuschätzen wissen, wo sich der Verein derzeit sportlich einsortiert. Viel ist möglich – in jeglicher Hinsicht. Und jetzt gebe ich mich wieder dem Weltschmerz hin und schaue DFB-Pokal.

Hansa Rostock vs. Rot-Weiß Erfurt 1:1

Der erste Punkt der neuen Saison ist auf der Habenseite verbucht. Nichts was man ausgelassen bejubeln müsste, aber ein Unentschieden in Rostock ist auch nicht Nichts.

Zunächst schien es, als ob Rostock an die erste Halbzeit gegen Münster anknüpfen wollte, doch als diese ersten zehn Minuten hanseatischen Sturm und Drangs überstanden waren, passierte bis zu Brandstetters Tor nicht viel. Rot-Weiß verteidigte geschickt, das heißt kompakt und vermied zudem größere Risiken in der Vorwärtsbewegung. Gegen eine solcherart agierende Erfurter Mannschaft fiel Hansa wenig ein. Die Zuschauer sahen ein schwaches Drittligaspiel, das seinen fußballerischen Höhepunkt in der 78. Minute hatte, als der eingewechselte Brandstetter eine glänzende Kombination über Möhwald und Wiegel zur Erfurter Führung einköpfte.

In der Logik dieses chancenarmen Spiels hätte es gelegen, dass dieser einsame fußballerische Gipfel für einen Dreier genügt. Leider stand dem die zwingendere Logik einer obskuren Erfurter Fußballtradition entgegen: Unaufmerksamkeit nach eigenen Toren. Bereits nach dem direkten Wiederanstoß schlief Judt den berühmt-berüchtigten Juri-Schlaf. Leider kennt man diese Konzentrationsschwächen von ihm zur Genüge, hauptverantwortlich dafür, dass seine bisherige Karriere weit unter seinen fußballerischen Fähigkeiten verläuft. Das ging zunächst noch einmal gut, er wurde – Fußball ist oft ein ironischer Sport – von Kleineheismann zusammengefaltet. Ein paar Minuten später traf unser Innenverteidiger ins eigene Netz. Es gibt Eigentore, bei denen man dem Verursacher nicht wirklich einen Vorwurf machen kann. Der Ausgleich gestern zählt nicht dazu.

Wiewohl Kleineheismann natürlich wieder mal nur am Ende einer Fehlerkette stand. Los geht es eigentlich schon bei Tyrala, der bei der Hereingabe von der rechten Rostocker Seite viel zu weit wegsteht von seinem Gegenspieler; dann gewinnt Judt einen Zweikampf, aber Möckel kann den Ball nicht klären und am Ende kickt eben Kleineheismann eine eigentlich harmlose Hereingabe ins eigene Tor. Manchmal denke ich: Sic transit gloria mundi (so vergeht der Ruhm der Welt) ist das eigentliche Motto des Erfurter Fußballs. Natürlich ist das Unentschieden gerecht, schon allein, weil eigentlich keiner der beiden Mannschaften gestern drei Punkte verdient gehabt hätte. Aber seien wir ehrlich, gestern hätten wir gut mit dieser im universalen Maßstab vergleichsweise kleinen Gerechtigkeitslücke leben können.

Gesicherte Angaben zum Spielsystem liegen Stand jetzt noch nicht vor. Wieder mal herausragend verwirrend die Grafik des mdr-Spielberichtes, mit einer taktischen Formation, die man in Leipzig vermutlich vom kleinen Bruder des Praktikanten hat zusammenwürfeln lassen. Wenn man schon keine Ahnung hat, steht einem ja offen, das Spielsystem bei den Verantwortlichen zu erfragen – man nennt es Journalismus.

Nach allen was mir an Informationen und Bildern vorliegt, würde ich mal mit einiger Sicherheit von einem 4-1-4-1 ausgehen. Mit Menz auf der zentralen defensiven Position im Mittelfeld, davor die beiden Achter Tyrala und Möhwald, Bukva und Eichmeier auf den beiden Außenpositionen und Falk als einziger Spitze. Werden wir – je nachdem wie Kogler den Fitnesszustand von Brandstetter einschätzt – möglicherweise am Dienstag gegen den VfB noch einmal zu sehen bekommen. Wie es in dieser Systemfrage (ein oder zwei Mittelstürmer) weitergeht, wird interessant zu verfolgen sein. Ich habe da keine besondere Präferenz, für mich ist es wichtiger, dass die Passgenauigkeit und die darauf aufbauende Variabilität des Offensivspiels peu à peu besser wird.

Letzten Samstag hat nicht viel zu einem Punkt gefehlt, gestern trennten uns nur drei Minuten vom ersten Sieg. Die Hoffnung auf drei Punkte am Dienstag ist also nicht völlig abwegig. Das wird schwer genug gegen die bereits jetzt unter Druck stehenden Talente des VfB Stuttgart. Gelingt es, kann man aber mit einiger Berechtigung von einem halbwegs gelungenen Start in die neue Saison sprechen. Von einem, auf dem sich aufbauen lässt.

Last but not least bleibt zu hoffen, dass sich unser Kapitän nicht so schwer verletzt hat, wie es die ersten Bilder und Nachrichten vermuten ließen. Gute Besserung, André Laurito!

Rot-Weiß Erfurt vs. SpVgg Unterhaching 2:0 / Sans Souci!

RWE vs. HachingNoch sorgenvoll und etwas grantig blickend: Walter Kogler

Schlecht gespielt und gewonnen folgt auf gut gespielt und nicht gewonnen. Mit diesem Satz lassen sich die beiden letzten Begegnungen der Erfurter Rot-Weißen auf den Punkt bringen. Erneut zwangen Walter Kogler widrige Umstände, die Mannschaft massiv umzubauen. Das wäre beinahe schief gegangen. Beinahe.

Motto des Spiels:

I can see for miles!

Die Aufstellung:

«Die personelle Situation entspannt sich.» Stand hier nach dem Spiel gegen den Nachwuchs des VfB zu lesen. Stimmte auch, bis sich gestern vor dem Spiel Andre Laurito verletzte. Schlimmer konnte es kaum kommen. Kogler war genötigt, die komplette Abwehrkette umzubauen (da ja Kleineheismann ebenfalls fehlte). Engelhardt und Czichos hatten beide schon in der Innenverteidigung gespielt, nur eben nicht zusammen. Beides sind Linksfüße, sodass Engelhardt zudem gezwungen war, die rechte Position der beiden Innenverteidiger einzunehmen. Kreuzer kann nur rechts spielen, deshalb musste Odak auf die linke Seite wechseln. Zu allem Überfluss war die Mannschaft damit auch «kleiner» geworden, was für eventuelle Standards der Unterhachinger keine gute Aussicht war. Es gibt gewiss Zeitgenossen, die an dieser Stelle einwenden werden, dass das ja alles Profis sind, die den ganzen Tag nichts anderes tun als Fußball spielen. Und deshalb mit so einer Situation umgehen können sollten. Stimmt, und das haben sie dann ja auch sehr passabel getan. Nur ist es eben so, dass ein Abwehrverbund, wie der Name schon sagt, eine kollektive Angelegenheit ist und diese Gruppenharmonie gewisse trainierte Mechanismen bedarf. Zum Beispiel müssen die Abstände untereinander stimmen, es muss die Distanz zum Mittelfeld eingehalten werden (nicht zu groß aber auch nicht zu klein). Es sollten die Kommandos zum Herauslaufen klar sein – wenn der Gegner Abseits gestellt werden soll, etc. Deshalb rotieren Trainer in der Abwehr nicht ohne Not, selbst wenn sie dies in den übrigen Mannschaftsteilen fast schon zum Stilprinzip erhoben haben, wie z.B. Guardiola bei den Bayern. Es wäre verwunderlich gewesen, wenn diese massiven Umbauten keine Leistungseinbuße zur Folge gehabt hätte.

Taktiksplitter:

Wieder das altbewährte 4-4-2, diesmal mit Pfingsten und Möhwald auf der Doppelsechs. Ein Gespann, dass keine schlechte Bilanz vorzuweisen hat. Die Bilanz ist gestern noch besser geworden, diesmal muss man aber etwas frech behaupten: Nicht wegen, sondern trotz ihnen! Beide hatten sich einen gebrauchten Tag andrehen lassen. Wer das Zentrum beherrscht, der beherrscht das Spiel. Gestern waren das ganz eindeutig die Jungs von Christian Ziege. Pfingsten-Reddig mit den – leider – schon gewohnten Lässigkeiten in der Defensive. Typisch eine Szene aus Halbzeit eins, in der – nach einem Ballverlust – die Hachinger im Umkehrspiel angreifen. Pfingsten versucht den Konter zu unterbinden, wird aber ausgespielt und muss dann eigentlich das Foul nehmen (und evtl. Gelb riskieren), tut das aber nicht, lässt den Hachinger laufen, was sich Sekunden später in direkter Torgefahr niederschlägt. Hinzu kamen – von beiden Akteuren – etliche Fehlabspiele.

Ein weiteres Problem des RWE-Angriffspiels waren die Flügel. Vor allem wirkte sich aus, dass Drazan diesmal nicht von Czichos unterstützt werden konnte, sowohl beim Aufbau der Angriffe, als auch was seine Sicherung nach hinten betraf. Hier wurde dann eine Schwäche der Lauterer Leihgabe offenbar, sein Spiel gegen den Ball. (Man ist geneigt zu sagen: ein notorisch österreichisches Defizit). Was dann wiederum Kogler auf die Palme brachte, der seinen jungen Landsmann einige Male heftig ermahnte.

Das Coaching:

Für mich waren alle Wechsel nachvollziehbar, wenn sie auch nicht wirklich die gewünschten Resultate zeitigten.

Spieler des Tages:

Marco Engelhardt. Nicht fehlerfrei auf doppelt ungewohnter Position und ohne Unterstützung wenigstens eines gelernten Innenverteidigers. Trotzdem machten er und Czichos das ziemlich gut. Er sah sich – angesichts der Schwäche der beiden 6er im Spielaufbau – zunehmend auch dafür verantwortlich und schlug in Halbzeit zwei einige sehr brauchbare Pässe. (Klar hätte ich auch Kammlott nennen können, aber ich habe den Verdacht, sein Name wird hier ohnehin noch einige Mal auftauchen).

Bilanz des Spiels:

Ein Sieg, der so wichtig war, dass es fast schon irrelevant ist, wie er zustande kam. Jetzt hat RWE 10 Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze, bei sieben noch ausstehenden Spielen ist da nichts mehr zu befürchten. Zu einem frühen Zeitpunkt kann die Planung für die neue Saison verbindlich betrieben werden. Das ist ein Wettbewerbsvorteil und ich bin sehr optimistisch, dass Hörtnagl und Kogler den zu nutzen wissen.

Der Gegner:

«Nicht immer schön hinten rausspielen», hatte Ziege vor dem Spiel im kicker postuliert. Seine Jungs hielten sich nicht daran und wären – beinahe – dafür belohnt worden. Man muss schon ein Herz aus Stein haben oder rein gar nichts von Fußball verstehen, wollte man den Hachingern absprechen, gestern Abend nicht mindestens einen Punkt verdient gehabt zu haben. Es kam anders, gut für uns, schlecht für das talentierte Team aus Oberbayern.

Noch vor einigen Jahren hätte man das Folgende gar nicht erwähnen müssen, aber derzeit greift die Unsitte um sich, einfach weiter zu spielen, wenn ein verletzter Spieler des Gegners am Boden liegt. Nicht so Unterhaching, die haben zweimal den Ball ins Aus gespielt. Wohlgemerkt: Mitte der 2. Halbzeit, bei einem 0:1-Rückstand und während einer eigenen Druckphase. Großartig!

Die Konsequenzen:

Platz vier ist immer noch möglich, wenn auch schwierig, da Wehen ebenfalls gewann und irgendwie einen Lauf zu haben scheint.

Die Öffentlichkeit:

Ich habe es so vermisst – die Nörgelei in den Foren nach einem Sieg. Allemal besser als das konsternierte, entsetzte Schweigen nach den Spielen gegen Kiel und Elversberg. Die TA verblüfft ein bisschen mit dem offenkundigen Gegensatz eines eher negativen Spielberichts und guter Einzelnoten für die Spieler.

Die Aussichten:

Aus bereits beschriebenen Gründen: blendend. Man kann die Saison ambitioniert (DFB-Pokal) aber in Ruhe zu Ende spielen. Ich hoffe nur, dass sich die schlimmsten Gerüchte hinsichtlich der Verletzung Lauritos nicht bestätigen und er wirklich nur für das Spiel in Heidenheim ausfällt.

Sollte Heidenheim heute Abend verlieren, wird dort das ganz große Flattern losgehen. Könnte am Samstag ein spektakuläres Spiel werden, dazu ist aber – ganz klar – eine Leistungssteigerung des gesamten Teams vonnöten.

Wenn ich der Trainer wäre …

… würde ich schon viel an die nächste Saison denken. Es gibt in allen Mannschaftsteilen eine Menge zu verbessern. Es reicht eben nicht aus, nur ab und an mit den Besten der Liga mithalten zu können. Um ernsthaft oben dabei zu sein, muss schlichtweg mehr Konstanz auf hohem Niveau her. Das ist leicht daher geschrieben, ich weiß. Aber wir nähern uns der mystischen Zahl 2016, von daher drückt es nur aus, was sich der Verein selbst auf die rot-weißen Fahnen geschrieben hat.

SV Elversberg vs. Rot-Weiß Erfurt 2:0 / Die Substanz ist aufgebraucht

Ich habe es noch nie für sonderlich sinnvoll gehalten, auf eine Fußballmannschaft, die gerade sehr schlecht spielt und, ja, am Boden liegt, verbal einzudreschen. Schon gar nicht, wenn ich ein Anhänger dieser Mannschaft bin. Ist davon irgendwo jemals etwas besser geworden? Aber ich gebe zu, dass mir die Wahrung dieses Grundsatzes nach den zuletzt gezeigten Leistungen des FC Rot-Weiß Erfurt, eine nicht zu unterschätzende zivilisatorische Anstrengung abverlangt.

Motto des Spiels:

Stairway to hell.

Die Aufstellung:

Nach Mijo Tunjics Mittelfußbruch und Kammlotts 5. Gelber Karte gingen Walter Kogler die Stürmer für das ansonsten gesetzte 4-4-2-System aus, was wohl der Hauptgrund war, dass RWE in Elversberg nur mit einem Angreifer in der Startelf antrat. Odak war noch nicht wieder bei 100 Prozent, deshalb nahm er nur auf der Bank Platz und Kreuzer seine Position rechts hinten in der Viererkette ein. Göbel erhielt den Vorzug vor Strangl, was nach seiner frühen Auswechslung gegen Kiel nicht selbstverständlich war.

Taktiksplitter:

Eine Rubrik, die ich eigentlich sehr kurz halten wollte, wenn ich das Spiel nicht live oder wenigstens in voller Länge im Fernsehen verfolgt habe. Geht diesmal nicht, denn hier tun sich Rätsel auf. Tatsache ist, wir haben mit nur einem Stürmer (Nietfeld) begonnen, was sich dann dahinter abspielte, darüber existieren unterschiedliche Auffassungen. Inklusive der, die es für völlig nebensächlich erachtet, welches System der FC RWE momentan spielt, weil andere Faktoren für die miserablen Leistungen der Mannschaft verantwortlich sind. Die zum Beispiel wären: Qualität der Spieler, Einstellung derselben, Passqualität, etc. Dem kann man nicht wirklich widersprechen, diese Dinge spielen tatsächlich eine große Rolle. Aber ich beharre mit meinem Hausrecht hier im Blog darauf, dass dies auf die systemische Grundpositionierung einer Fußballmannschaft ebenfalls zutrifft. Basta!

Jedenfalls haben der mdr, transfermarkt.de und die Thüringer Allgemeine eine 4-1-4-1-Formation erkannt. Und auch die relevanten Spielausschnitte des mdr deuten auf dieses System hin. Das ist überraschend, weil sich ein 4-1-4-1 doch deutlich vom bisher ausschließlich gespielten 4-4-2 unterscheidet. Es würde zu weit führen, hier alle Vor- und Nachteile eines 4-1-4-1 aufzuführen. Nur soviel: Es benötigt zwingend einen sowohl spieltaktisch wie technisch und physisch herausragenden defensiven Mittelfeldspieler. Da fallen mir bei RWE zwei Spieler ein, denen ich das grundsätzlich zutraue: Engelhardt und Möhwald. Tatsächlich gespielt hat auf der Position aber Baumgarten. Mir ist dabei schon klar, dass Engelhardt in der Innenverteidigung benötigt wurde, während Möhwald, nach seiner Verletzung, vermutlich noch nicht in der Verfassung war, diese Rolle auszufüllen. Dann aber hätte man ein anderes System wählen müssen, denn, dass diese Schuhe für Baumgarten noch (?) zu groß sind, war absehbar.

Das Coaching:

Gesetzt dem Fall, dass mit dem 4-1-4-1 stimmt, dann hat sich Walter Kogler gehörig vercoacht. Passiert. Der Zeitpunkt war halt äußerst unglücklich.

Spieler des Tages:

Simon Brandstetter. Weil er weiß, wo das Tor steht und wie man es attackiert.

Bilanz des Spiels:

Eine zu allen Befürchtungen Anlass gebende Vorstellung des FC Rot-Weiß Erfurt.

Der Gegner:

Elversberg war für viele vor der Saison der erste Abstiegskandidat, das hat sich inzwischen stark relativiert. Die Mannschaft spielt (und punktet) im permanenten Klassenkampfmodus. Das (aber nicht nur das) hatte sie den Rot-Weißen am Samstag voraus. Ich denke, die Saarländer werden die Klasse halten.

Die Konsequenzen:

Der Abwärtstrend hält an. Tabellarisch sowieso, aber zum ersten Mal hat die Mannschaft nach einer sehr schwachen Leistung eine noch schwächere folgen lassen. Diese Tatsache beunruhigt mich noch mehr als die Niederlage an sich.

Die Öffentlichkeit:

Ein ganzseitiger Total-Verriss in der Thüringer Allgemeinen. Nicht besonders aufschlussreich, aber sehr total. Was BILD heute schreibt, kann ich mir denken, will es aber so genau gar nicht wissen. Die Reaktion in den Foren finde ich interessanter: desto ernster die Situation wird, umso sachlicher werden die Beiträge – jedenfalls die meisten. Eine ziemlich erwachsene Entwicklung, auf deren Fortsetzung ich aber gerne verzichte. Mir ist lieber, es wird gemeckert aber wir gewinnen wenigstens ab und an.

Die Aussichten:

Wenn die Mannschaft sich nicht schleunigst fängt, werden wir absteigen. Mit der Leistung der letzten beiden Spiele kann man vielleicht ab und zu glücklich einen Punkt ergattern (Kiel), wird aber in der Regel deutlich verlieren (Elversberg). Wir leben von der Substanz, doch die ist fast aufgebraucht. Dies, Freunde, ist die Lage.

Wenn ich der Trainer wäre …

… würde ich in dieser Woche schlaflose Nächte haben. Ich halte nicht viel von kollektiv-psychologischen Ansätzen, würde aber vielleicht doch der Mannschaft das Heimspiel gegen Wehen Wiesbaden zeigen (3:0). Und sie darauf hinweisen, wie gut sie an diesem Abend Fußball gespielt hat. Außerdem würde ich alles Menschenmögliche unternehmen, damit Andre Laurito am Samstag (mit Maske) in der Startaufstellung steht. Und ich würde Simon Brandstetter von Anfang an spielen lassen, auch wenn es vielleicht nur für eine Halbzeit reicht.

Wehen Wiesbaden vs. Rot-Weiß Erfurt 1:1

wehen-rweBlechbüchse hin, Wellblechpalast her – wen es fasziniert, ein Fußballspiel aus möglichst großer Nähe zu verfolgen, für den gibt es wahrlich miesere Orte als die Wiesbadener BRITA-Arena.

Walter Koglers Aufstellung bot nicht die geringste Überraschung. Patrick Göbel hatte sich, mit einer guten Vorstellung in Duisburg, erneut in die Startelf gespielt. Der Rest der Mannschaft stellt sich momentan (noch) nahezu von selbst auf. Die Rückkehr Möhwalds auf dem Spielberichtsbogen zeigt an, dass sich dies bald ändern könnte.

Rot-Weiß begann druckvoll und ging mit einer großartigen Kombination nach fünf Minuten folgerichtig in Führung. Wie schon in Duisburg leitete Pfingsten-Reddig das Tor mit einem schönen Pass ein, Drazan bestätigte (nicht nur in dieser Szene) wie wertvoll er bereits jetzt für die Mannschaft ist, und Kammlott tat, wofür man ihn verpflichtet hat und netzte routiniert ein. Die anschließenden 20 Minuten dominierte RWE nach Belieben, was einen (!) Zuschauer auf der Haupttribüne zu einem halblaut vorgetragenen «Kienle raus»-Ruf animierte. Dem mochte sich niemand weiter anschließen, schon gar nicht, als sich das Spiel zusehends in Richtung Erfurter Abwehr drehte. Wiesbaden fand immer besser in die Partie und Vunguidica, Mintzel, Book und Jänicke bewiesen, dass sie eine Defensive zu beschäftigen wissen. Den Ausgleich möchte ich nicht exklusiv unserer Abwehr angelastet sehen. Jänicke kann ohne jeden Druck, wie im Training, präzise flanken, Odak und Laurito stehen dann allerdings natürlich zu weit weg vom Torschützen Mintzel. Die ganz heißen letzten fünf Minuten vor der Pause hatten nicht zuletzt ihre Ursache in der Verletzung Lauritos. Engelhardt rückte zwar sofort in die Innenverteidigung, aber die Zuordnung stimmte vorerst überhaupt nicht, sodass RWE diese Phase nur mit Glück ohne weiteres Gegentor überstand. Nach Wiederanpfiff waren beide Mannschaften bemüht zum Siegtor zu gelangen, allerdings war es ihnen noch wichtiger, nicht als Verlierer den Platz zu verlassen. Alles war unspektakulärer als in Halbzeit eins, es gab deutlich weniger Torchancen und am Ende stand dann eben ein so logisches wie leistungsgerechtes Remis.

Was gab es noch Bemerkenswertes? Engelhardt spielte nach der Pause (wieder einmal) Innenverteidiger und macht seine Sache exzellent. Als hätte er seit der B-Jugend nichts anderes getan. Das ist keineswegs selbstverständlich, weshalb ich es hier gesondert vermerke. Wenn er zentral in der Abwehr spielt, hat das zudem den Vorteil, dass sich einer der beiden Sechser nicht (oder zumindest seltener) für den Spielaufbau nach hinten fallen lassen muss und auf diese Weise eine zusätzliche Anspielstation im Mittelfeld zur Verfügung steht, zumindest theoretisch.

Luka Odaks Defensivleistung war – gegen einen agilen Mintzel und sieht man mal vom Tor ab – in Ordnung. Was mir bei ihm nicht gefällt sind leichte Passfehler in der Vorwärtsbewegung, da agiert er einfach zu hektisch. Er kann das besser, keine Frage, nur wäre es langsam an der Zeit, dies konstant unter Beweis zu stellen.

Sehr gut gefallen hat mir Maik Baumgarten. Bei ihm bin (war) ich mir nie ganz sicher, ob seine Leistungen schon für die dritte Liga genügen. Er wurde in Wiesbaden in einer diffizilen Spielsituation als zentraler Mittelfeldspieler eingewechselt und hat diese Aufgabe defensiv souverän bewältigt. Wach, aggressiv, schnörkellos. Es mangelt ihm auch keineswegs an Spielübersicht bei eigenen Angriffen. Klar, nicht jeder Ball kam zum Mitspieler, aber grobe Fehlabspiele leistete er sich ebenfalls nicht. Für mich einer der Gewinner dieses Spiels.

Womit wir bei unserem Kapitän wären. Zunächst einmal, auch von diesem virtuellen Ort aus, einen herzlichen Glückwunsch zum 200. Drittligaspiel, lieber Nils Pfingsten-Reddig. Ansonsten lädt seine Leistung, wie häufig in den letzten Spielen, zu einer differenzierten Betrachtung ein. Ich hatte schon erwähnt, dass es sein Pass war, der das Führungstor einleitete. In diesem Bereich liegt ganz eindeutig seine größte Stärke – wie kein anderer Akteur unseres Kaders ist er in der Lage «tödliche» Pässe zu spielen. Weniger zufrieden war ich erneut mit seiner Leistung im Defensivverhalten. Hier ist er mir oft zu statisch, zu wenig aggressiv. Vor allem bei Ballverlusten ist es spielentscheidend, dass die zentralen Mittelfeldspieler in der Lage sind, einen Angriff des Gegners zu unterbinden. Sei es mit ihrem Zweikampfverhalten, sei es mit dem Zustellen von Passwegen, sei es mit möglichst geschickten, geringfügigen Fouls. (Was nicht immer gelingt, wie die insgesamt 14 Gelben Karten von Engelhardt und Möhwald beweisen.) In dieser Rubrik seiner Arbeitsplatzbeschreibung ist mir Pfingsten-Reddig zu zögerlich und das sorgt in Folge immer wieder dafür, dass sich die hintere Viererkette massiven Problemen – in Form einer Überzahl von Gegenspielern – gegenübersieht. Deshalb war ich froh, dass Kevin Möhwald wieder im Aufgebot stand und wir im Mittelfeld über Optionen verfügen, die wir überdies wie die Luft zum Atmen benötigen, da Laurito mindestens zwei Spiele ausfallen und Engelhardt seinen Platz in der Abwehr einnehmen wird.

Wir haben wieder nicht gewonnen, ich weiß. Trotzdem kommen mir die Abstiegsunkenrufe etwas deplatziert, um nicht zu sagen hysterisch vor. Die Mannschaft spielt weder wie ein Absteiger, noch verliert sie jedes Spiel. Es ist zugegeben derzeit etwas zäh mit dem Punktekonto, allerdings bin ich optimistisch, dass sich dies bereits am Freitag gegen Holstein Kiel ändern wird.

Einmal abgesehen von der fortgesetzten Sieglosigkeit war das ein sehr angenehmer Ausflug nach Wiesbaden. Nicht zuletzt wegen meines Bloggerkollegen Gunnar, der im stehblog dem SV Wehen Wiesbaden schon lange die Treue hält und uns vor dem Spiel und in der Halbzeit bestens betreute. Vielen Dank!

FC Rot-Weiß Erfurt vs. SC Preußen Münster 0:0

engelhardt_01-2014Wir müssen nicht drum herum reden. Die ersten 30 Minuten des FC RWE im Spiel gegen Preußen Münster waren eine Zumutung. Was nicht an der sibirischen Kälte lag. Schwer zu sagen, welches die Gründe für den erneuten Fehlstart waren. Fehlende Wachheit möchte man bei Temperaturen von minus 6 Grad eigentlich ausschließen. Trotzdem sollte über die kollektive Verabreichung doppelter Espresso unmittelbar vor Anpfiff nachgedacht werden. Ich vermute allerdings, dass die Mannschaft vor allem dann Probleme bekommt, wenn ein Gegner (gerade auch im Steigerwaldstadion) nicht abwartend, sondern aggressiv beginnt. Wie die Stuttgarter Kickers und wie gestern die Preußen aus Münster. Nur mit Glück überstanden die Rot-Weißen diese Phase ohne Gegentor. Wäre der RWE zum neunten Mal in der Anfangsviertelstunde in Rückstand geraten, hätten wir – jedenfalls rein statistisch – alle Hoffnungen fahren lassen können.

Für diese halbe Stunde erübrigt sich eine Einzelkritik, alle spielten unter ihrem Niveau. Wenig hilfreich, dass ein Routinier wie Pfingsten-Reddig in dieser Phase vor allem durch eklatante Fehlabspiele und dürftiges Zweikampfverhalten auffiel.

Es gab einige spannende Fragen die Startformation betreffend: Kammlott oder Nietfeld neben Tunjic im Angriff? – Und, wer spielt auf den defensiven Außenpositionen? Hier waren nach den Vorbereitungsspielen noch drei Spieler in der Verlosung: Odak, Baumgarten, Serrek. Im Sturm entschied sich Kogler für Kammlott, eine richtige Entscheidung wie der Verlauf des Spiels zeigen sollte. In die Abwehr stellte der RWE-Coach Serrek auf die linke und Odak (wie gehabt) auf die rechte Seite der Viererkette.

Nach Ablauf dieser fürchterlichen 30 Minuten gelang es dem RWE, das eigene Spiel zu stabilisieren. Die Viertelstunde vor der Pause war dann das Beste, was wir an diesem Nachmittag zu sehen bekommen sollten.

Eine kurze Kritik der Mannschaftsteile. Abwehr: Klewin hat sich bisher jedes Lob verdient, das er bekam, aber in diesem Spiel war er in der Strafraumbeherrschung schlichtweg schlecht und hatte unübersehbare Probleme beim Herauslaufen. Dazu gab es eine interessante Szene in Halbzeit zwei. Bad Cop Engelhardt faltet ihn zusammen, weil er bei einer Flanke nicht herauskam, Good Cop Laurito tätschelte ihm beschwichtigend den Hinterkopf. Psychologisch raffinierte Aufgabenverteilung der Routiniers.

Odak solider als zuletzt, mit reichlich Luft nach oben, was die Qualität seiner Flanken betrifft. Die große Überraschung war Serrek, der so offensiv auftrat wie lange kein Außenverteidiger im Trikot von RWE. Was daran liegen könnte, dass er eigentlich kein Außenverteidiger, sondern gelernter Mittelfeldspieler ist. Nach vorne sah das gut aus, war allerdings bei Ballverlusten recht riskant, da die Abstimmung mit Strangl (und später mit Drazan) zu wünschen übrig ließ. (Was allerdings eher den Mittelfeldspielern anzulasten ist.) Philipp Serrek ist zweifellos eine Bereicherung des Kaders: technisch gut, kopfball- und passstark. Stellungsspiel und taktische Abstimmung müssen jedoch verbessert werden. Fraglich ist allerdings, ob wir uns davon werden überzeugen können, da Czichos für Burghausen wieder spielberechtigt ist und ich ihn für gesetzt halte.

Kleineheismann grundsolide wie immer, Laurito in jeder Hinsicht überragend.

Mittelfeld: Engelhardt defensiv sehr stark. Es war nicht zuletzt ihm zu verdanken, dass RWE das Spiel halbwegs in den Griff bekam. In Halbzeit zwei auch offensiv derjenige der beiden zentralen Mittelfeldspieler, der sich um Struktur mühte. Pfingsten-Reddig anfänglich mit einigen Zuspielen aus der Hölle. Das wurde – auf für seine Verhältnisse überschaubarem Niveau – besser. Er konnte nach vorne jedoch nie Impulse setzen. Ein schwaches Spiel des Kapitäns. Ich stelle mir schon die Frage, warum Okan Derici keine Chance bekam, sein Können zu beweisen. (Derici wird sich das wohl ebenfalls fragen.) Wie fast alle anderen startete Patrick Göbel besorgniserregend unkonzentriert in die Partie. Zeigte aber später ab und an, was er für eine Qualität vor und im Strafraum hat. Vor allem wenn er in zentraler Position agiert. Marius Strangl kann man kein schlechtes Spiel nachsagen. Aber auch kein wirklich gutes. Seine offensive Dynamik reicht oft nur bis zum gegnerischen Strafraum, hinzu kam in einigen Situationen die bereits erwähnte mangelhafte Absicherung für den offensiven Serrek. Da war er schlichtweg zu zögerlich in der Rückwärtsbewegung.

Angriff: Tja, Kammlott und Tunjic. Die beiden möchte ich aus der Generalkritik die ersten 30 Minuten betreffend ausnehmen. Sie hätte sich schon mit einer Kaskade von Doppelpässen von der eigenen Grundlinie bis zum gegnerischen Tor kombinieren müssen, um Wirkung zu erzielen. Auf brauchbare Pässe ihrer Mitspieler jedenfalls konnten sie nicht hoffen. Es war auch  Mijo Tunjics Verdienst, dass das Vakuum im offensiven Mittelfeld halbwegs überbrückt werden konnte. Er ließ sich öfter recht tief fallen und bewegte sich für einen Spieler seiner Größe erstaunlich flink auf dem teils glatten, teils tiefen Boden des Steigerwaldstadions. Diesbezüglich ein richtig gutes Spiel des Holländers. Was ihm bei der öffentlichen Bewertung seines Spiels immer – und nicht völlig zu Unrecht – angelastet werden wird, ist das weitgehende Fehlen direkter, eigener Torgefahr.

Hätte man mit leben können, wenn denn Kammlott das vermutlich entscheidende Tor gelungen wäre. Aber so märchenhaft ist Fußball leider selten. Trotzdem war es ein gutes Spiel des Rückkehrers. Kogler stellte ihn dahin, wo er hingehört, zentral in die Sturmspitze. Wie viele andere im Stadion konnte ich seine frühe Auswechslung nicht verstehen. Ein Leistungsabfall war für mich (noch) nicht zu erkennen. Er hatte unmittelbar vor der Auswechslung seine beste Szene, als er zwei Verteidiger (die ja während des Spiels ebenfalls nicht frischer werden) düpierte. Das Kalkül Koglers war wohl, mit Nietfeld einen Stürmer mit Strafrauminstinkt in die Schlacht zu werfen. Dumm nur, dass es nicht die dafür notwendigen Strafraum-Situationen, nach z.B. Standards, gab. Bei Jonas Nietfeld sah man in jeder Sekunde, die er auf dem Platz stand, dass Stürmer die fast 1,90 Meter groß sind, auf derart instabilem Geläuf nicht gerade bevorteilt sind. Die Ausnahme Tunjic hatte ich schon erwähnt.

Christopher Drazan hat mir gut gefallen. Sehr dynamisch, mit dem Zutrauen bei Angriffen von außen in die Mitte zu marschieren. Ich hatte nach dem Spiel gegen Zwickau auf Facebook geschrieben, dass es mit seiner Schnelligkeit möglicherweise nicht so gut bestellt sei. Das nehme ich ausdrücklich zurück. Mit seiner Schnelligkeit ist alles in Ordnung. Man darf gespannt sein, wie er sich entwickelt. Wenn es so läuft, wie ich hoffe, könnte es einen heißen Tanz um die Position im linken Mittelfeld zwischen ihm und Öztürk geben. Je nach Wetterlage irgendwann im Frühjahr.

Summarisch ein völlig leistungsgerechtes Unentschieden. Nach der Niederlage von Leipzig gegen Burghausen sollte nun wirklich jedem klar sein, dass die jeweilige Tabellenposition kein hinreichend eindeutiges Indiz für den Ausgang eines Spiels darstellt. In dieser Liga noch weit weniger als in anderen. Heidenheim zähle ich schon gar nicht mehr dazu.

Sollte das Wetter es zulassen und wir spielen nächste Woche in Burghausen: Doppelte Espresso stehen nicht auf der Dopingliste.

Dortmund II vs. Rot-Weiß Erfurt 0:3 / Göbel&Co rocken den BVB

RWE - YoungstersDer Ballspielverein Borussia Dortmund e.V. eignet eine ruhmreiche Vergangenheit, durchlebt eine in jeder Hinsicht erfolgreiche Gegenwart und darf – nach allem was man weiß – einer ebensolchen Zukunft entgegen sehen. Über was er allerdings nicht verfügt, ist ein vernünftiger Rasen für die Austragung der Heimspiele seiner Drittligamannschaft. Aber wir wollen die Erregung darüber gar nicht allzu hoch dimmen, denn vermutlich hat von diesen miserablen Platzverhältnissen der samstägliche Gegner des BVB, der FC Rot-Weiß Erfurt, durchaus profitiert. Eine Art höhere Fußball-Ironie. Quittieren wir gerne und mit einem milden Lächeln.

Der BVB begann stark, wurde dem Ruf der Zweitvertretungen gerecht, spielte technisch beschlagenen Fußball, spielte über die Flügel, kam zu einigen Halbchancen und dachte wohl, dies genüge zunächst als Arbeitsnachweis. Errare humanum est, würden die alten Römer und Wilfried Mohren sagen. Nach etwa zehn gespielten Minuten übernahm Erfurt die Hoheit und gab die Spielkonsole bis zum Abpfiff nicht mehr her. Am Ende stand ein ungefährdeter, kühl, kontrolliert und zu Teilen sogar ansehnlich herausgespielter Erfolg für die rot-weißen Farben. Punkt. (Oder richtiger: drei davon.) Ja, Marvin Ducksch war nicht dabei, seines Zeichens der teuerste Spieler der 3. Liga. Er sollte mit den Profis in Wolfsburg siegen, was – wie man inzwischen weiß – auch so ein BVB-Plan war, der in dieser Woche nicht wirklich aufging.

Dortmund versuchte es fortan fast nur noch mit hohen Zuspielen auf den Sturmhirten Balint Bajner, der jedoch bei Laurito und Engelhardt in besten Händen war und deshalb gar nichts ausrichten konnte. Nach der Führung durch Wiegel (Assist: Pfingsten-Reddig) gewann Erfurt Selbstvertrauen und Sicherheit und verwaltete den Vorsprung, ohne dass der geneigte Zuschauer oder -hörer jede Minute einen kleinen Herzkasper erlitt, wie das noch eine Woche zuvor gegen Chemnitz der Fall war, als RWE-Verteidiger vier Mal auf der Linie klären mussten. Dann kam Patrick Göbel und machte den Sack zu. Er schoss das zweite Tor selbst und spielte einen wunderbaren Pass in die Schnittstelle der Dortmunder Abwehrkette, den Nietfeld quer legte und damit Mijo Tunjic ein Angebot unterbreitete, das dieser nicht ablehnen konnte.

Es gibt Stimmen, die behaupten, dass Marco Engelhardt, als Innenverteidiger für den gesperrten Kleineheismann aufgeboten, sein bestes Spiel für RWE machte, seitdem er wieder am Steigerwald die Töppen schnürt. Ob das zutrifft, kann ich nicht beurteilen. Was ich glaube beurteilen zu können, ist der Umstand, dass spielerisch sehr starke Innenverteidiger dem Aufbauspiel jeder Fußballmannschaft gut tun, natürlich auch dem von RWE. Womit ich keinesfalls sagen möchte, dass Kleineheismann Schwächen in dieser Disziplin hat – eher ist das Gegenteil der Fall. Aber Engelhardt ist in dieser Hinsicht natürlich noch mal eine andere Nummer. Mit Pfingsten-Reddig und Möhwald im zentralen Mittelfeld hat Erfurt alle drei Spiele gewonnen, eine durchaus bemerkenswerte Statistik. Das ist jetzt kein Plädoyer, diese Konstellation gegen Dortmund in jedem weiteren Spiel aufs Neue zu erproben. Es soll nur zeigen, dass Kogler eine Situation zu nutzen weiß, die er selbst mitgeschaffen hat: Obwohl Kleineheismann, Czichos und Möckel nicht aufgeboten werden können (mithin drei der vier Spieler die bisher in der IV standen), ist er in der Lage mit Engelhardt einen weiteren Akteur in die Startelf zu stellen, der ohne jeden Substanzverlust diese Position zu spielen weiß. Und auf dessen eigentlicher Planstelle im zentralen Mittelfeld agiert dann mit Pfingsten und Möhwald ein äußerst spielstarkes Duo. Diese Variabilität ist über das Resultat vom Samstag hinaus eine äußerst erfreuliche Botschaft für jeden Anhänger der Rot-Weißen.

Patrick Göbel. Ich muss gestehen, ich hatte meine Zweifel, ob sich der kleine offensive Mittelfeldspieler mit dem sensationellen rechten Fuß bei den Profis würde durchsetzen können. Aber gerade bei ihm macht sich eine weitere Personalentscheidung der sportlichen Leitung peu à peu bezahlt. Es ist sicherlich für die jungen Spieler von großem Wert, dass mit Christian Preußer ein Ko-Trainer installiert wurde, der sie seit Jahren kennt und der sich im Umgang mit ihnen stets für Vertrauen und Geduld ausspricht. Das zahlen Klewin, Möhwald, Nietfeld, Göbel, Baumgarten und Stolze jetzt mit harter Währung in Form von guten Leistungen zurück.

Man kann überhaupt nicht genug würdigen, wie großartig das ist.

Rot-Weiß Erfurt vs. Chemnitzer FC 1:0 / Keine Krise. Nirgends.

2013_09_28_[H]_Erfurt_3-1_OsnabrückJetzt ist sogar ein leibhaftiger Tatort-Kriminaloberkommissar Anhänger des FC Rot-Weiß Erfurt. Ich alpträume bereits davon, ihn eines unschuldigen Sonntagabends in der Bettwäsche meines Herzensvereins beim Fuck & Go (Tatortjungdeutsch) abgelichtet zu sehen. Den Drehbuchautoren sei überdies, aus Gründen der Glaubwürdigkeit, bei der Entwicklung dieses Charakters dringend geraten, von einer nebenberuflichen Karriere nämlichen Kommissars in der Erfurter Lokalpolitik abzusehen. Kein Fan von RWE hatte dort jemals eine Chance.

Über das Spiel gegen Chemnitz ist bereits viel geschrieben worden. Die Sichtweise auf Resultat und Spielgeschehen darf man durchaus disparat nennen. War der Sieg jetzt glücklich oder doch verdient? Nun, da für beide Zuschreibungen keine objektiven Maßstäbe existieren, liegt das letztendlich stets im Auge des Betrachters. Man vergeht sich auch nicht an den Grundsätzen der Logik, wenn man beides gleichberechtigt nebeneinander gelten lässt. So oder so, der anschwellende Bockgesang von einer Erfurter Krise ist vom Tisch. Die Mannschaft hat ihn mit einer konzentrierten, einsatzstarken und (defensiv) fehlerarmen Performance verstummen lassen. Vorläufig.

Nach dem frühen Führungstor von RWE war Chemnitz bis zum Abpfiff die eindeutig spielbestimmende Mannschaft. Vier Mal musste ein Erfurter Verteidiger den Ball von der Linie bugsieren, da kann man das Adjektiv glücklich durchaus bemühen, ohne völlig daneben zu liegen. Es sei daran erinnert, dass der CFC vor der Saison – neben Heidenheim – als erster Aspirant für den direkten Aufstieg in die 2. Liga galt. Am Samstag konnte jeder der wollte sehen, dass die Mannschaft tatsächlich nicht von Vollblinden mit Vollblinden bestückt wurde. Fußballerisch gehören die Sachsen zweifellos zu den besten Teams der Liga. Trotzdem resultierten die Chancen zum überwiegenden Teil aus Standardsituationen. Die wurden mehrheitlich von Ronny Garbuschewski getreten, dem ich in dieser fußballerischen Teil-Disziplin Bundesliganiveau attestieren würde.

Ich komme jetzt zu den Argumenten, die ins Feld führen kann, wer den Sieg der Erfurter nicht in erster Linie als glücklich bezeichnen möchte. Wie unter Gerd Schädlich war die Spielanlage des CFC sehr auf die Außenpositionen hin angelegt. Kein Wunder, sie verfügen dort mit Pfeffer und Garbuschewski über begabte Individualisten. Nach anfänglichen Unsicherheiten stellten sich die Erfurter Außenverteidiger im Verbund mit den offensiven Außenbahnspielern und dem jeweils ballnahen Innenverteidiger gut auf dieses Mittel der Wahl des CFC ein. Mit einem Wort: es wurde kollektiv gut verschoben und gegen den Ball gearbeitet. Chemnitz fand auf den Flügeln nur selten frei bespielbare Räume. Sie waren stark bei Standards, blieben auf diese allerdings auch angewiesen, um überhaupt torgefährlich zu werden. Die beiden zentralen Stürmer der Chemnitzer hatten gegen Laurito und Kleineheismann in der Regel das Nachsehen.

Ein Wort zur zweifellos starken Leistung von Andre Laurito, der noch in der Vorwoche das Epizentrum des Unmuts vieler Erfurter Anhänger war. Hierzu sollte man sich zunächst einmal die Stärken und Schwächen Lauritos vor Augen führen. Zu seinen Stärken zählen das Spiel mit dem Kopf, robuste Physis, ein sicheres Stellungsspiel, große Ruhe am Ball und eine solide Technik. Diese Vorzüge konnte er am Samstag allesamt über die gesamte Spieldauer hinweg einbringen. Rot-Weiß stand fast durchweg relativ tief und es bestand selten die Gefahr, dass Andre Lauritos größtes Manko, nämlich Schnelligkeitsdefizite gegen antrittsstarke, agile Stürmer, offenbar wurde. Es hängt meist nicht vom Willen und der Motivation der Spieler ab, ob sie ein gutes oder schlechtes Spiel abliefern, sondern ob sie mehrheitlich in Spielsituationen geraten, die ihre Stärken oder eben Schwächen hervorheben.

Diesen etwas umständlichen Satz habe ich mir deshalb zurechtgelegt, weil er gleichsam für Tunjic und Nietfeld gilt, die beiden Stürmer in der Anfangself von RWE. Beide sind, wie letztens bereits vermerkt, ähnliche Stürmertypen: groß, physisch durchsetzungsfähig, laufstark. Filigrantechniker sind sie nicht. Mir hat bei ihrem Zusammenspiel am Samstag sowohl die Breite als auch die Tiefe gefehlt. Soll heißen: sie standen zu nah beieinander, wo es besser gewesen wäre, dass sich einer als Anspielstation ins offensive Mittelfeld oder in die flügelnahen Halbräume bewegt. Wobei das nicht wirklich ihr Spiel ist, was aber nichts daran ändert, dass es notwendig gewesen wäre. Um mal wieder einen dieser coolen neuen Fußball-Termini zu benutzen: dem Angriffsspiel des RWE mangelte es an Fluidität. So wurde die Chemnitzer Abwehr ihrerseits nur sehr selten auseinandergezogen. Die langen angriffseinleitenden Bälle von RWE konnten die Verteidiger leicht neutralisieren. Der Erfurter Zielspieler im Angriff war meist die ärmste Sau auf dem Feld, weil er einen schwierig zu verarbeitenden Ball gegen eine Überzahl von Gegnern behaupten musste, was dann auch selten gelang. Dieses Problem des RWE-Offensivspiels ist nicht wirklich neu und es wird Zeit Folgendes zu konstatieren: alle bisherigen Versuche, unter formaler Beibehaltung des 4-4-2, Simon Brandstetter halbwegs adäquat zu ersetzen, müssen als mehr oder weniger gescheitert angesehen werden.

Weshalb ich für eine Änderung des Systems hin zu einem 4-2-3-1 plädiere – bis Brandstetter wieder einsatzfähig ist. Wenn es gut funktioniert auch darüber hinaus. Warum? Engelhardt und Pfingsten-Reddig haben am Samstag defensiv ein sehr gutes Spiel gemacht. Sie waren mit Abwehraufgaben allerdings weitgehend ausgelastet, dahinter musste zwangsläufig der Spielaufbau zurückstehen. In Folge davon (und weil Chemnitz früh ins Pressing ging) mussten die Stürmer meist über lange Bälle ins Spiel einbezogen werden, was meist schnell den direkten Ballverlust zur Folge hatte. Ich verspreche mir von der Implementierung eines offensiven Mittelfeldspielers schlichtweg mehr spielerische Impulse und eine höhere Passqualität. Und ich kann auch mit einem personellen Vorschlag aufwarten: Patrick Göbel hat nach meinem Dafürhalten in dieser Saison eine sehr erfreuliche Entwicklung genommen und nach seiner Einwechslung am Samstag einen quirligen, ballsicheren, laufstarken sowie selbstbewussten Eindruck hinterlassen. Er wäre der RWE-Spieler meiner Wahl für diese zentrale, offensive Aufgabe. Ganz sicher kein Zehner klassischer Prägung wie Netzer, Overath oder Riquelme, aber für die moderne Interpretation dieser Position verfügt er über alle nötigen Talente.

Jahn Regensburg vs. Rot-Weiß Erfurt 3:1 / Ein gebrauchter Tag

Kogler & PreußerSuch a perfect day sang der große Lou Reed, von dessen viel zu frühem Tod wir gestern erfahren mussten. Nun, von einem perfekten Tag war der FC Rot-Weiß Erfurt am vergangenen Samstag in Regensburg mehr als nur meilenweit entfernt. Dies betrifft sowohl die gezeigte Leistung der Mannschaft, als auch das Resultat – denn obwohl die Rot-Weißen bereits sehr viel bessere Spiele in dieser Saison zeigten, war die Niederlage unglücklich.

Kogler war erneut gezwungen, kurzfristig umzustellen. Philipp Klewin hatte sich im Training verletzt. Für ihn kam Jeff Kornetzky zu seinem Debüt im Erfurter Tor. Und machte seine Sache – trotz der drei Gegentore, bei denen er nichts ausrichten konnte – ausgezeichnet. Pfingsten-Reddig saß wegen Trainingsrückstandes weiterhin nur auf der Bank. Im Angriff bot Kogler, neben Tunjic, Jonas Niefeld auf, auch für ihn war es ein Novum, in einem Meisterschaftsspiel in der Startelf zu stehen.

Die Geschichte des Spieles ist schnell erzählt: RWE startetet gut, kam zu Chancen, nutzte diese nicht und hatte Glück, dass Regensburg seinerseits drei prima Möglichkeiten vergab, bzw. diese von Kornetzky erstklassig vereitelt wurden. In der Pause musste Kleineheismann verletzungsbedingt vom Platz, kurz nach der Pause stimmte die Zuordnung der Viererkette überhaupt nicht und der Jahn ging in Führung. Wie schon in Halbzeit eins war RWE feldüberlegen, konnte sich aber keine wirklichen Tormöglichkeiten erarbeiten (mit der Ausnahme von Wiegels Chance in der 69. Minute). Etwas glücklich fiel der Ausgleich durch Nietfeld. Dabei wäre es vermutlich geblieben, wenn Laurito kurz vor dem Ende nicht etwas ungelenk in Amachaibou rutscht. Keinen Vorwurf an Laurito – hier gilt die ewige Fußballwahrheit: Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß. Aber ein Foul war das schon. Es kann keine Rede davon sein, dass er ihn nicht getroffen hat. Den pfeifen neun von zehn Schiedsrichtern und der Zehnte sollte mal bei Fielmann vorbeischauen.

Interessanter als das alles, ist die Frage nach den Gründen für den neuerlichen Spielverlust. Ich denke, dass alle Mannschaftsteile ihren Anteil an dieser Niederlage hatten. Für die Abwehrkette ist eine Umstellung während eines Spiels immer problematisch, deshalb wechseln Trainer in diesem Bereich selten ohne Not. Die war aber gegeben, weil sich Kleineheismann – ohnehin einer der stabilsten Spieler in den letzten Wochen – verletzte. Ich würde schon sagen, dass diese Änderung, und die daraus resultierende mangelnde Abstimmung ursächlich für den Führungstreffer von Regensburg war. Gegentor zwei und drei waren dann eher Pech (Laurito) oder dem kompletten Vorwärtsdrang der Mannschaft geschuldet, die in der knappen verbleibenden Zeit noch den Ausgleich erzielen wollte.

Nach allem, was ich sah, hörte und las, haben sowohl Möhwald als auch Engelhardt ein sehr passables Spiel abgeliefert. Trotzdem: in einem 4-4-2 kommt den beiden Sechsern defensiv wie offensiv entscheidende Bedeutung zu. Sie müssen die Mannschaft organisieren, den größten läuferischen Aufwand betreiben, den Gegner am Spielaufbau hindern und für Kreativität nach vorne sorgen. Eine fußballerische Herkulesaufgabe. Mir gefällt die personelle Mischung aus Möhwald und Engelhardt eigentlich sehr gut. Beide haben keine offensichtliche Schwäche. Möhwald weist eine hohe Dynamik nach vorne auf, Engelhardt hat große defensiv-taktische Fähigkeiten. Alle zwei ordnen ihr Spiel immer dem Erfolg der Mannschaft unter. Was beide allerdings nicht im gleichen Umfang wie Pfingsten-Reddig beherrschen, ist dessen Vermögen, sogenannte «tödliche» Pässe in freie offensive Räume zu spielen. Bei zwei Stürmern ist das, wenn die sich intelligent bewegen, öfter eine Option. Das soll jetzt kein Plädoyer für die Rückkehr von Pfingsten-Reddig ins zentrale Mittelfeld sein; es soll nur deutlich machen, dass Trainer Entscheidungen treffen und dass diese Entscheidungen selten alle Vorteile miteinander verbinden.

Nietfeld und Tunjic sind zwei recht ähnliche Stürmertypen. Beide haben im Strafraum ihre größten Stärken. Trotzdem klappte das Zusammenspiel in der 1. Halbzeit ganz passabel, ohne dass es die Qualität aufwies, die der Angriff des RWE mit einem gesunden Simon Brandstetter vorzuweisen hat. Wenn Kogler beim 4-4-2 bleibt, dann sollten diese Konstellation eine zweite Chance gegen Chemnitz erhalten. Aykut Öztürks Leistung ist für mich schwierig zu beurteilen, aber ich habe mich über die eine Szene, als er einen Elfmeter herausholen will, sehr geärgert. Hier wäre der konsequente Abschluss viel sinnvoller, oder mehr noch: geboten gewesen.

Der RWE hat gegenwärtig nicht nur eine Ergebniskrise. Dies zu behaupten, hieße sich die Leistung der Mannschaft schön zu reden. Ebenso falsch wäre es allerdings, gleich wieder die Apokalypse auszurufen. Alle drei Spiele wurden knapp verloren. Es war zudem recht offensichtlich, warum die Spiele verloren gingen. Neben Dingen, die man trainieren und unter der Woche verbessern kann – wie formative Kompaktheit, Verbesserung des Umkehrspiels, Laufwege, etc. – waren für die Niederlagen individuelle Fehlleistungen, Leichtfertigkeiten und Unkonzentriertheiten maßgeblich. Faktoren, auf die ein Trainer nur bedingt Einfluss nehmen kann.

Deshalb sehe ich in erster Linie die Mannschaft in der Pflicht, unabhängig von ihrer personellen Aufstellung und taktischen Ausrichtung. Wenn es endlich wieder gelingt, die Fehlerquote nach unten zu korrigieren, wird der FC Rot-Weiß Erfurt auch wieder Fußballspiele gewinnen.

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