RWE – Babelsberg 2:3 / Wie im falschen Film

50 Jahre beim RWE – Verdienter Tribut für Sakko Schröder

Was wird Olivier Caillas gedacht haben, als nach einem katastrophalen Fehlpass seines Vertreters Ströhl das erste Tor der Babelsberger fiel? In Oberhausen war die Mannschaft noch in der Lage seine dumme Rote Karte zu kompensieren. Gegen Babelsberg gelang das nicht.

Doch der Reihe nach. Nach dem Anpfiff war ich verwirrt. Die Aufstellung bot keine Sensationen, auch wenn ich mir Morabit in der Startelf gewünscht hätte. Dann jedoch vernebelte mir alte Gewohnheit die Sinne und es dauerte fünf Minuten bis ich begriff, dass ich doch nicht im falschen Film war und sich da unten ganz real Ungeheuerliches zutrug: Unser Trainer hatte sein taktisches System verändert. Trappatoni – Catenaccio, Rehagel – Kick & Rush und eben Emmerling: 4-4-2. Das waren fest verdrahtete Gewissheiten in meinem Kopf. Angesichts des Ratlos-Fußballs den es zuletzt im Steigerwaldstadion zu erdulden gab, war ich zunächst positiv gestimmt ob der taktischen Revolution unseres Coaches. Das 4-1-4-1 erschien mir zudem durchaus geeignet das Grundproblem der letzten Heimspiele zu überwinden: die personelle sowie spielerische Unterlegenheit im zentralen und offensiven Mittelfeld. Leider kam es anders. Trotz der Führung, die Sicherheit hätte geben können, irrten unser Mittelfeldspieler besorgniserregend orientierungslos über die Spielfläche. Was – meiner Meinung nach – auch, wenn nicht sogar in erster Linie, daran lag, dass sie innerhalb der neuen Grundordnung nicht optimal platziert waren. Pfingsten-Reddig entfaltet seine Stärken vor allem dann, wenn er das Spiel vor sich hat und mit seinem Instinkt für Spielsituationen und seinen exakten Spielverlagerungen das Offensivspiel eröffnen kann. Zedi wiederum hat seine Stärken im Vorwärtsgang eher in der Ballbehauptung am und im gegnerischen Strafraum. Mit anderen Worten – es wäre besser gewesen, wenn die beiden ihre taktische Rolle genau anders herum gespielt hätten.

Wie auch immer, mit Beginn der zweiten Halbzeit beendete Emmerling das Experiment und kehrte zum eingespielten 4-4-2 zurück. Zudem kam Morabit für den wenig überzeugenden Drexler. Sein Einstand hätte besser nicht sein können. Nach einem Lehrbuch-Konter, gedankenschnell von Emmerling jenseits der Seitenlinie eingeleitet, über Mannos Einwurf, wurden die Babelsberger von ihm und Reichwein brillant ausgespielt. Die folgenden Minuten sahen gut aus und zu diesem Zeitpunkt war ich davon überzeugt, dass der RWE dieses Spiel gewinnen würde.

Das es nicht so kam hatte sowohl mit individuellen Fehlern zu tun, als auch mit dem Umstand, dass die Erfurter Abwehr am Samstag kollektiv einen gebrauchten Tag erwischte. Die Elfmeterentscheidung gegen Manno habe ich mir gefühlte hundert Mal angesehen und kann trotzdem nicht wirklich sagen, ob er zuerst den Ball oder den Babelsberger erwischt. Was aber auch bedeutet – den kann man geben. Wer so im Strafraum und von hinten den Gegner attackiert muss mit dieser Konsequenz rechnen. Einverstanden bin ich mit Mannos Einschätzung, dass die Szene «spielentscheidend» war. Wie weggeblasen war danach das gerade erst gewonnene Selbstbewusstsein des RWE. Über die Berechtigung des zweiten Strafstoßes für Babelsberg muss nicht weiter diskutiert werden. Darüber, dass Bertram und Rauw in dieser Situation höchst unglücklich aussahen ebenfalls nicht. Und auf einmal lagen die Erfurter zu Hause im Rückstand. Nicht alle werden sich daran erinnern wann dies das letzte Mal der Fall war.

Jegliche Vorwürfe an die Mannschaft, ihr hätte es in den verbleibenden 15 Minuten an Einsatz und Willen gefehlt gehen ins Leere. Eher kann man diesen Vorwurf an die Erfurter Zuschauer richten. Auf der Haupttribüne jedenfalls herrschte danach eine Ruhe, die man gemeinhin für Opernaufführungen als erstrebenswert erachtet. Trotz dieser mangelhaften Unterstützung unternahm die Mannschaft alles um zumindest den gewohnten Heimpunkt zu sichern. Das dies am Ende nicht gelang, hat nun doch mit Schiedsrichter Christian Dietz zu tun. Er begann die Begegnung mit einer (weitgehend folgenlos) gebliebenen Fehleinschätzung bei einem vermeintlichen Handspiel Sponsels und er beendete sie, mit der umso folgenreicheren Versagung eines Elfmeters nach einem tatsächlichen Handspiel. Ich weiß, dass es schwierig ist dies zu akzeptieren. Allerdings hat auch der RWE schon Spiele gewonnen, weil der Schiedsrichter falsch entschied. Hier sei nur an unseren letzten Sieg in Jena erinnert, als das Gespann um Babak Rafati – zu unserem Vorteil – einen rabenschwarzen Tag erwischte. Soll heißen: ich glaube, dass sich Fehlentscheidungen von Unparteiischen zumindest langfristig ausgleichen. Das spendet keinen Trost angesichts der ebenso bitteren wie unverdienten Niederlage gegen biedere Babelsberger. Allerdings sollten – bei allem Unmut – nicht alle verbalen Dämme brechen. Ich jedenfalls möchte kein Schiedsrichter sein, nicht bei den Profis und schon gar nicht in der Kreisliga B. So denken inzwischen viele und das bedroht die Grundlagen des großartigen Sports Fußball. Spiele leiten sich nun mal nicht von allein.

Mediale Randnotiz: Meine Sympathien für unseren heimatlichen Kuschelsender sind überschaubar, aber am Bericht des mdr über das Spiel fand ich wenig zu beanstanden. Alle relevanten Szenen sind enthalten und werden überdies korrekt eingeschätzt. Umso ärgerlicher fand ich dann diesen Spielbericht der in Erfurt erscheinenden Thüringer Allgemeinen. Hier wird munter von einem «schmeichelhaften Handelfmeter» gefaselt der den RWE in Führung brachte. Das klare Handspiel eines Babelsbergers im Strafraum kurz vor Spielende, wird einer Erwähnung erst gar nicht für wert befunden. Wer so eine Qualitätspresse vor Ort hat, der braucht keine BILD-Zeitung mehr.

Ein Kommentar

  1. Daniel Hoffman sagt:

    Haha ihr Erfurter steigt eh nie in die 2. Liga auf

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