Hansa Rostock vs. Rot-Weiß Erfurt 1:1

Der erste Punkt der neuen Saison ist auf der Habenseite verbucht. Nichts was man ausgelassen bejubeln müsste, aber ein Unentschieden in Rostock ist auch nicht Nichts.

Zunächst schien es, als ob Rostock an die erste Halbzeit gegen Münster anknüpfen wollte, doch als diese ersten zehn Minuten hanseatischen Sturm und Drangs überstanden waren, passierte bis zu Brandstetters Tor nicht viel. Rot-Weiß verteidigte geschickt, das heißt kompakt und vermied zudem größere Risiken in der Vorwärtsbewegung. Gegen eine solcherart agierende Erfurter Mannschaft fiel Hansa wenig ein. Die Zuschauer sahen ein schwaches Drittligaspiel, das seinen fußballerischen Höhepunkt in der 78. Minute hatte, als der eingewechselte Brandstetter eine glänzende Kombination über Möhwald und Wiegel zur Erfurter Führung einköpfte.

In der Logik dieses chancenarmen Spiels hätte es gelegen, dass dieser einsame fußballerische Gipfel für einen Dreier genügt. Leider stand dem die zwingendere Logik einer obskuren Erfurter Fußballtradition entgegen: Unaufmerksamkeit nach eigenen Toren. Bereits nach dem direkten Wiederanstoß schlief Judt den berühmt-berüchtigten Juri-Schlaf. Leider kennt man diese Konzentrationsschwächen von ihm zur Genüge, hauptverantwortlich dafür, dass seine bisherige Karriere weit unter seinen fußballerischen Fähigkeiten verläuft. Das ging zunächst noch einmal gut, er wurde – Fußball ist oft ein ironischer Sport – von Kleineheismann zusammengefaltet. Ein paar Minuten später traf unser Innenverteidiger ins eigene Netz. Es gibt Eigentore, bei denen man dem Verursacher nicht wirklich einen Vorwurf machen kann. Der Ausgleich gestern zählt nicht dazu.

Wiewohl Kleineheismann natürlich wieder mal nur am Ende einer Fehlerkette stand. Los geht es eigentlich schon bei Tyrala, der bei der Hereingabe von der rechten Rostocker Seite viel zu weit wegsteht von seinem Gegenspieler; dann gewinnt Judt einen Zweikampf, aber Möckel kann den Ball nicht klären und am Ende kickt eben Kleineheismann eine eigentlich harmlose Hereingabe ins eigene Tor. Manchmal denke ich: Sic transit gloria mundi (so vergeht der Ruhm der Welt) ist das eigentliche Motto des Erfurter Fußballs. Natürlich ist das Unentschieden gerecht, schon allein, weil eigentlich keiner der beiden Mannschaften gestern drei Punkte verdient gehabt hätte. Aber seien wir ehrlich, gestern hätten wir gut mit dieser im universalen Maßstab vergleichsweise kleinen Gerechtigkeitslücke leben können.

Gesicherte Angaben zum Spielsystem liegen Stand jetzt noch nicht vor. Wieder mal herausragend verwirrend die Grafik des mdr-Spielberichtes, mit einer taktischen Formation, die man in Leipzig vermutlich vom kleinen Bruder des Praktikanten hat zusammenwürfeln lassen. Wenn man schon keine Ahnung hat, steht einem ja offen, das Spielsystem bei den Verantwortlichen zu erfragen – man nennt es Journalismus.

Nach allen was mir an Informationen und Bildern vorliegt, würde ich mal mit einiger Sicherheit von einem 4-1-4-1 ausgehen. Mit Menz auf der zentralen defensiven Position im Mittelfeld, davor die beiden Achter Tyrala und Möhwald, Bukva und Eichmeier auf den beiden Außenpositionen und Falk als einziger Spitze. Werden wir – je nachdem wie Kogler den Fitnesszustand von Brandstetter einschätzt – möglicherweise am Dienstag gegen den VfB noch einmal zu sehen bekommen. Wie es in dieser Systemfrage (ein oder zwei Mittelstürmer) weitergeht, wird interessant zu verfolgen sein. Ich habe da keine besondere Präferenz, für mich ist es wichtiger, dass die Passgenauigkeit und die darauf aufbauende Variabilität des Offensivspiels peu à peu besser wird.

Letzten Samstag hat nicht viel zu einem Punkt gefehlt, gestern trennten uns nur drei Minuten vom ersten Sieg. Die Hoffnung auf drei Punkte am Dienstag ist also nicht völlig abwegig. Das wird schwer genug gegen die bereits jetzt unter Druck stehenden Talente des VfB Stuttgart. Gelingt es, kann man aber mit einiger Berechtigung von einem halbwegs gelungenen Start in die neue Saison sprechen. Von einem, auf dem sich aufbauen lässt.

Last but not least bleibt zu hoffen, dass sich unser Kapitän nicht so schwer verletzt hat, wie es die ersten Bilder und Nachrichten vermuten ließen. Gute Besserung, André Laurito!

11 comments

  1. geh ich mit. zum mdr: dümmer gehts anscheinend immer. inkompetenz kennt keine grenzen.
    system finde ich gut, wird aber schwer zu halten sein, wenn alle vier stürmer fit sind. die dreierzentrale finde ich gut, wobei dann eichmeier herausfiele, was ich wiederum nicht begrüßen würde.
    der kader gibt jedoch einige l
    flexibilität her, sofern alle fit sind.

  2. Wie immer eine messerscharfe Analyse die ich in vielen Punkten teile – gezwungenermaßen so auch das Ergebnis!
    Eins oder Drei sei aber nocheinmal hervorgehoben…
    Den Hanseaten viel auf weiten Strecken nichts ein, als sich auf die Mittellinie zurückzuziehen und mit erfolglosen Kontern zu kommen.
    Dickes Lob an unsere Abwehr und das defensive Mittelfeld.
    Der Dekaden andauernde Virus des Nicht-konsequent-Abschließens scheint sich leider festgefressen zu haben. Gegen South Park sah das schon vielversprechend aus!
    Brandstetter hingegen holte uns nicht nur die Führung, sondern – und jetzt trag ich bewußt fett auf- lässt Liga-Träume kommender Gegner platzen! (Wehe euch Chipper tanzt mit!)
    Noch eins zum Geschmähe um KHM…
    Stefan ist eine nicht wegzudenkende Größe unseres Vereins! Den intellegent schnellen Konter der Hanseaten verteidigte er mMn nahezu allein!
    Was passierte, kann passieren! Kopf hoch Stefan! Du bist einer von uns und wir stehen zu dir!
    Alles in allem… Abwarten Leutz! Die Jungs bieten uns ne Überraschungs-Saison!
    Mal ehrlich! Wer will wieder ne geile Hinrunde, in der Pause einen 2.Liga-Verein vom Platz fegen und am Schluss bibbern?
    Converse is geil!

  3. @Icke Das „messerscharfe Analyse“ lasse ich mir rahmen 😉 Vielen Dank für Deine Ergänzungen.

  4. Das Problem wird sein; die zweifelsfrei auf dem Papier guten Mittelfeld- und Sturmspieler unterzubringen.

    Ich bleib dabei; Brandy und Chipper sind für mich der Sturm der Liga; sofern diese beiden fit sind MÜSSEN diese beiden spielen.

    Kommen wir also zum Mittelfeld:

    Bukva – Auf dem Papier sicher ein richtig starker; aktuell aber noch nicht der Durchbruch
    Tyrala – In beiden Spielen (neben Eichmeier) für mich der bisher stärkste Rot Weisse
    Pommes – Wird so oder so Spielen
    Wiegel – 1. Spiel der Saison; wichtiger und ansehnlicher Assist
    Menz – für mich für die Defensive UNVERZICHTBAR!
    *Eichmeier – wie oben genannt bisher einer der stärksten

    So und nun die Frage? Wer; Wann; Wo?

    Ich wüsste net wen ich rausschmeißen soll, und für Tests ala 3 5 2 isses vllt. schon zu spät. (zumal ich bezweifeln würde das Wiegel und Bukva die dann erforderlichen Wege gehen)

  5. ich les es immer wieder gern 🙂

  6. 3-5-2 sehe ich mit dem kader durchaus als möglich. dann aber keinesfalls mit bukva und wiegel, sondern mit eichmeier und odak/judt außen.

  7. Matthias sagt:

    Was soll man sagen, etwas mehr mannschaftliches Engagement im Abwehrverhalten und drei Punkte wären nach Thüringen gegangen. Dieses, uns treuen Publikum bekannte, nicht fremde Verhalten nach eigenen Treffern muss schnellstens abgestellt werden, dann sollte auch nachhaltiger Erfolg garantiert sein.

  8. Habe das Spiel nicht gesehen. Kein Problem, es gibt ja deine Analyse, der ich vertraue. Diese Defensivtaktik war zu erwarten. Jetzt gilt es, die Vfber zu schlagen und dann in Cottbus das besser zu Ende spielen, als in Rostock.

  9. Gestern auf dem Papier das gewoehnliche 4 5 1. Im Offensivspiel jedoch wurde aus dem 4 5 1 eher ein 3 4 3 (3er Kette :p) Judt und Eichmeier uebernahmen RM und LM Tyrala und Pommes das Zentrum während Wiegel und Bukva weiter nach vorn geschoben haben. Die 3er Kette wurde von Menz gefüllt.

    Ich wuerde mal behaupten einfach den DM bei eigenem Ballbesitz nach hinten zu ziehen war taktisch schon großes Kino, zumal Menz ja in der Vorbereitung auch auf der IV Position aufgeboten wurde.
    Jetz wissen wir auch wieder alle warum Kogler der Trainer ist, und nicht einer von uns. 🙂

    Btw. Freu mich auf dein blog zu gestern

  10. Das hast völlig recht. De facto war das eine Dreierkette (im Spielaufbau) bzw. eine Fünferkette (bei Ballbesitz des Gegners). Vor allem defensiv war das sehr wirkungsvoll, über die Mitte gelang dem VfB so gut wie gar nichts. Offensiv war’s für meinen Geschmack noch nicht ganz so effektiv. Da lag (vor allem am Anfang) oft viel grüne Wiese vor Menz. Wurde später aber graduell besser, vor allem weil sich die Offensivspieler zusehends besser bewegten und der Seitentausch von Bukva und Wiegel zumindest Wiegel mehr Räume bot – die er das ein oder andere Mail gut genutzt hat. Hab heute nicht allzu viel Zeit, aber zu ein paar Sätzen zum gestrigen Spiel wirds schon reichen 😉

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